ÖRKÖ-Spendenprojekt 2024
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) führt jedes Jahr ein besonderes Spendenprojekt durch. 2024 wollen die Kirchen in Österreich gemeinsam im afrikanischen Burkina Faso helfen.
Tief besorgt über die angespannte Situation im Nahen Osten hat sich der reformierte Landessuperintendent und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Thomas Hennefeld, gezeigt. In seiner Predigt bei einer ökumenischen Vesper am Mittwochabend, 1. Februar, in der reformierten Stadtkirche in Wien rief Hennefeld die Kirchen zum verstärkten gemeinsamen Friedenseinsatz auf und kritisierte zugleich die konfliktorientierte Aussenpolitk des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Die Vesper war der Auftakt des traditionellen Ökumenischen Empfangs, zu dem Kardinal Christoph Schönborn im Anschluss ins Erzbischöfliche Palais lud.
"Was die Region im Nahen Osten braucht, ist Frieden und Sicherheit für alle dort lebende Menschen" und kein Triumph des einen über den anderen, so Hennefeld in seiner Predigt: "Wer darüber frohlockt, dass das messianische Zeitalter mit dem Amtsantritt Donald Trumps näher gekommen ist, der braucht sich nicht wundern über künftigen Terror, den Ausbruch neuer Gewalt und Blutvergießen in dieser sowieso schon so explosiven Region."
Visionen seien in Mode gekommen, sagte Hennefeld. Diese könnten aber sehr unterschiedlich aussehen. "Die einen bauen darauf, ihr Land wieder groß zu machen, was immer das heißen mag, dazu gehören anscheinend auch hohe Mauern, andere bauen liebe Brücken und treten dafür ein, Mauern niederzureissen." Es brauche "Visionen und kleine Schritte auf dem Weg des Friedens, nicht Politiker, die den Kriegspfad beschreiten".
Auch wenn Kirche und Religion laut Hennefeld in der Gesellschaft eine immer geringere Rolle spielen und die Mitgliederzahl abnimmt, dürfe es keine Abkehr von der Gesellschaft geben. Die Kirche liege sicher nicht "in den letzten Zügen", denn die Kirche sei letztlich "nicht von Menschenhand gemacht". "Auch wenn es innerhalb der Institutionen sehr menschelt, so dürfen wir doch hoffen, dass Gott uns in eine gute Zukunft führt", zeigte sich der ÖRKÖ-Vorsitzende optimistisch.
Deshalb gelte es, in erster Linie nicht die eigene Befindlichkeiten, sondern "das Wohl des Ganzen" im Blick zu haben. Hennefeld: "Nur so werden wir dazu beitragen, dass die Welt sich zum Guten verändert, werden wir überzeugt sein, dass Kriege keine Lösungen bringen, werden wir erkennen, dass Streit zwischen den Völkern noch immer die Gefahr der Auslöschung unseres Planeten in sich birgt und dass die hemmungslose Gier, dass einige nicht genug bekommen können, irgendwann auch bei uns zur sozialen Explosion führen könnte."
Die Predigt zum Nachhören finden Sie HIER
Die Predigt im Wortlaut:
Predigt bei der Vesper in der Reformierten Stadtkirche
am 1. Februar 2017
Micha 4, 1-7
Und in fernen Tagen wird der Berg des Hauses des HERRN fest gegründet sein, der höchste Gipfel der Berge, und er wird sich erheben über die Hügel. Und Völker werden zu ihm strömen, und viele Nationen werden hingehen und sagen: Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berg des HERRN, zum Haus des Gottes Jakobs, damit er uns in seinen Wegen unterweise und wir auf seinen Pfaden gehen. Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem. Und er wird für Recht sorgen zwischen vielen Völkern und mächtigen Nationen Recht sprechen, bis in die Ferne. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Sie werden das Schwert nicht erheben, keine Nation gegen eine andere, und das Kriegshandwerk werden sie nicht mehr lernen.
„Obwohl die Kirche zur Zeit kaum zu unterscheiden ist von einem toten oder doch kranken Mann, so darf man doch nicht verzweifeln: denn auf einmal richtet der Herr die Seinigen auf, wie wenn er Tote aus dem Grab erweckt. Das ist wohl zu beachten. Denn wenn die Kirche nicht leuchtet, halten wir sie schnell für erloschen und erledigt. Aber so wird die Kirche in der Welt erhalten, dass sie auf einmal vom Tode aufsteht, ja, am Ende geschieht diese ihre Erhaltung jeden Tag unter vielen solchen Wundern. Halten wir fest: das Leben der Kirche ist nicht ohne Auferstehung, noch mehr: nicht ohne viele Auferstehungen.“ (Kommentar zu Micha 4)
Das ist doch befremdlich, werden Sie sich denken. Warum sagt er uns das jetzt, wo wir in Eintracht zusammen sind, wo wir danach vom Kardinal zum traditionellen Ökumenischen Empfang eingeladen sind? Warum sagt er uns das, wo er doch erst zum ÖRKÖ-Vorsitzenden gewählt worden ist und der Ökumene Mut machen soll anstatt sie totzureden? Oder meint er nur die anderen Kirchen?
Er meint das alles nicht. Es sind nicht seine Worte. Es sind nicht mein Worte. Es sind Worte eines großen Kirchenmannes und Theologen, der unsere Kirche maßgeblich geprägt hat. Sie stammen von Johannes Calvin. Sie sind einem Kommentar zu dieser Bibelstelle, zu Micha 4, entnommen.
Der Bibeltext ist ein bekannter alttestamentlicher Text. Er steht im Zusammenhang mit Frieden aber auch mit der Ökumene. Calvin hat ihn für seinen Kommentar herangezogen, um u.a. die Wichtigkeit der Katholizität der Kirche zu betonen, einer Kirche, die seiner Meinung nach krank ist oder gar dem Tod nahe. Und er hat dieser Vision auch die die unterschiedlichen teile seiner Kirche gesehen, die sich auf dem Berg versammeln und sich versöhnen.
Wenn Calvin von Kirche spricht, meint er die eine, zerrissene Kirche, nicht seine Kirche, denn für Calvin hat es nur eine Kirche gegeben. Alle, die dem Reformator vorwerfen, die Kirche gespalten zu haben, werden seine Worte als Hohn empfinden. In unserem Heidelberger Katechismus findet sich die Frage 80: „Was ist für ein Unterschied zwischen dem Abendmahl des Herrn und der päpstlichen Messe? .....Und ist also die Messe im Grunde nichts anderes als eine Verleugnung des einzigen Opfers und Leidens Jesu Christi und eine vermaledeite Abgötterei.“
Mit solchen Aussagen soll Kirche vereint werden? Heute gibt es einen Zusatz in unseren Gesangbüchern aber auch in österreichischen und deutschen Ausgaben des Heidelberger Katechismus. So würden wir das heute nicht mehr sagen.
Wer Calvin aber attestiert, dass er die eine Kirche erneuern wollte, der wird ihm auch glauben, dass ihm die Katholizität der Kirche besonders am Herzen lag.
Dazu gehört auch heute, dass wir einander etwas zumuten dürfen, nämlich über unsere Differenzen, über das, was uns trennt, auch offen zu reden.
Calvin lebte seinen leidenschaftlichen und fortwährenden Einsatz für die Einheit des Leibes Christi in der Realität einer bereits fragmentierten Kirche. Inmitten der Teilung erkannte er den einen Gott der einen Kirche an, indem er wiederholt betonte, dass der Leib Christi eine
Einheit sei, dass somit eine geteilte Kirche nicht zu rechtfertigen, ja dass die Schismen innerhalb der Kirche skandalös seien.
Calvin forderte die Kirchen heraus, die Gründe der fortgesetzten Teilung zu verstehen und, in Übereinstimmung mit der Schrift, durch konkretes ökumenisches Engagement eine sichtbare Einheit anzustreben – all das im Sinne der Glaubwürdigkeit des Evangeliums in der Welt und der Geradlinigkeit des kirchlichen Lebens und Auftrags.
An den katholischen Erzbischof Thomas Cranmer hat er geschrieben:
So geschieht es, dass der Leib der Kirche mit auseinander gerissenen Gliedern verstümmelt daliegt. Was mich selbst betrifft, so würde es mir nichts ausmachen, notfalls zehn Meere deswegen zu überqueren, wenn immer mich jemand zu brauchen scheint.
Wenn es doch durchzusetzen wäre, an irgendeinen Ort gelehrte und ernsthafte Männer aus den wichtigsten Kirchen zu versammeln, um die einzelnen Probleme des Glaubens sorgfältig zu erörtern und so den Nachkommen eine sichere Schriftlehre nach der gemeinsamen Überzeugung aller weiterzugeben. Jedoch gehört es zu den ärgsten Missständen unseres Jahrhunderts, dass die einzelnen Kirchen so weit von einander entfernt liegen, dass kaum die menschliche Gemeinschaft unter uns gepflegt wird. Schon gar nicht zeigt sich die heilige Gemeinschaft der Glieder Christi, die alle mit dem Munde bekennen; wenige aber pflegen sie ernsthaft…
Der Prophet Micha erinnert an vergangene blühende Zeiten, und er malt Visionen einer glänzenden Zukunft. Die Gegenwart, die der Prophet skizziert, sieht nicht so rosig aus. Krieg, Gewalt, Habgier, Zerstörung, drohende Vernichtung. Auf diesem Hintergrund werden die Heilsprophezeiungen ausgesprochen, und natürlich gibt es jede Menge falsche Propheten, die bezahlt werden und die Politik der Herrschenden unterstützen.
Das war damals nicht anders als es heute ist.
Und heute bekommen solche Stellen noch einen aktuellen, brisanten Beigeschmack. „Denn vom Zion wird Weisung ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem.“ Allein das laute Nachdenken, geschweige denn die Umsetzung von Vorhaben, die am Status von Jerusalem etwas verändern, sind buchstäblich brandgefährlich. Recht soll ausgehen von Zion, nicht Gewalt. Gott wird für Recht sorgen zwischen den Völkern. Es soll kein Triumph über andere sein. Was die Region im Nahen Osten braucht, ist Frieden und Sicherheit für alle dort lebende Menschen. Wer darüber frohlockt, dass das messianische Zeitalter mit dem Amtsantritt Donald Trumps näher gekommen ist, der braucht sich nicht wundern über künftigen Terror, den Ausbruch neuer Gewalt und Blutvergießen in dieser sowieso schon so explosiven Region.
Visionen sind in Mode gekommen. Sie können aber sehr unterschiedlich aussehen. Die einen bauen darauf, ihr Land wieder groß zu machen, was immer das heißen mag, dazu gehören anscheinend auch hohe Mauern, andere bauen liebe Brücken und treten dafür ein, Mauern niederzureißen.
Wir brauchen Visionen und kleine Schritte auf dem Weg des Friedens, nicht Politiker, die den Kriegspfad beschreiten.
Was aber spielt die Kirche für eine Rolle?
Calvin bezeichnet sie als toten oder zumindest sehr kranken Mann.
Wir sind immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, dass die Kirche vor allem in Europa kraftlos und visionslos geworden ist, während Kirchen im Süden wachsen.
„Wenn die Kirche nicht leuchtet, halten wir sie für erloschen.“
Es kann nicht darum gehen, sich nur zu profilieren, die Kirche in ein gutes Licht zu rücken, alles zu unternehmen, dass die Kirche wachse, das alles ist ja nicht grundsätzlich zu verwerfen, aber darauf sollen wir nicht das Hauptaugenmerk richten.
Es gilt viel mehr, die Visionen eines Michas vor Augen zu haben, sich daran zu orientieren. Kirche soll Salz oder manchmal vielleicht Paprika oder Pfeffer in der Gesellschaft sein. Es ist eine Versuchung angesichts dramatischer Umwälzungen wie wir sie in den letzten zwei Jahrzehnten erleben – politisch, technologisch und ökonomisch – sich noch stärker nach innen zu kehren. Das Gegenteil wäre notwendig. Tot ist man, wenn man sich nicht mehr bewegt. Gerade Kirche und Gemeinden bräuchten die Offenheit, die Gemeinschaft, die Bewegung, das Verständnis füreinander, wenn sie in der Gesellschaft und in der Welt glaubwürdig Zeugnis ablegen wollen.
Wenn es an einer Stelle krankt, so sollten sich alle betroffen fühlen.
Wenn man rein von Prognosen ausgeht, dann hätten wir nicht all zu viel zu erwarten: Kirche und Religion spielen in der Gesellschaft eine immer geringere Rolle, ja wir sind konfrontiert mit Aggressionen gegen Kirche, die Mitgliederzahl nimmt insgesamt ab, einzelne Gemeinden sind da eher die Ausnahme und innerhalb der Gemeinden und zwischen den Gemeinden steht auch nicht alles zum Besten.
Aber das heißt nicht, dass die Kirche schon in den letzten Zügen liegt.
Denn eines war Calvin so klar wie es auch heute noch ist.
Wir glauben, dass Kirche nicht von Menschenhand gemacht ist, sondern dass wir sie dem Heiligen Geist zu verdanken haben, der bekanntlich weht, wo er will. Auch wenn es innerhalb der Institutionen sehr menschelt, so dürfen wir doch hoffen, dass Gott uns in eine gute Zukunft führt.
Es liegt aber auch an uns, ob wir nur unsere eigenen Interessen, unsere Befindlichkeit vor Augen haben oder das Wohl des Ganzen, denn nur dann werden wir auch das, was Micha verkündigt und Calvin aufgreift tatsächlich leben können: Achtung des Rechts, die Güte gegenüber den Mitmenschen und Respekt und Demut vor Gott.
Nur so werden wir dazu beitragen, dass die Welt sich zum Guten verändert, werden wir überzeugt sein, dass Kriege keine Lösungen bringen, werden wir erkennen, dass Streit zwischen den Völkern noch immer die Gefahr der Auslöschung unseres Planeten in sich birgt und dass die hemmungslose Gier, dass einige nicht genug bekommen können, irgendwann auch bei uns zur sozialen Explosion führen könnte.
Das Leben der Kirche ist nicht ohne Auferstehung. Daran haben wir alle Anteil. Wir sollten auf die Stimme des Propheten hören und in seinem Sinn mit gutem Beispiel vorangehen mit der Vision vor Augen und der Sehnsucht im Herzen, dass sich alle Völker und Religionen am Berg Gottes versammeln und dass Recht regiere und Friede herrsche im Großen wie im Kleinen.
Thomas Hennefeld
ÖRKÖ-Spendenprojekt 2024
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) führt jedes Jahr ein besonderes Spendenprojekt durch. 2024 wollen die Kirchen in Österreich gemeinsam im afrikanischen Burkina Faso helfen.
Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) unterstützt das Ökumenische Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) des Weltkirchenrates
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"Europa ist ein Hoffnungsprojekt"
Am 26. November2023 predigte der lutherische altbischof Michael Bünker beim Sonntagsgottesdienst in der Wiener methodistischen Kirche zum Thema "Europa". Die Gastpredigt fand im Rahmen des ökumenischen Projekts "Sozialwort 20+" des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) statt.
Gottesdienst zum Reformationstag mit ökumenischem Akzent
Am 31. Oktober 2023 predigte der Direktor der Katholischen Sozialakademie, Markus Schlagnitweit, beim Gottesdienst zum Reformationstag in der Linzer Martin-Luther-Kirche. Die Gastpredigt zum Thema "Wirtschaft" fand im Rahmen des ökumenischen Projekts "Sozialwort 20+" des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) statt.
Der Gottesdienst mit der Gastpredigt zum Nachsehen (via YouTube)
Im Sozialwort aus dem Jahr 2003 nehmen die Kirchen östlicher und westlicher Tradition in Österreich gemeinsam Stellung zu den sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen.
Das Sozialwort versteht sich als Kompass in einer Gesellschaft, die sich in einem tiefgreifenden Wandel befindet: In den Bereichen Bildung, Medien, Arbeit, Wirtschaft, soziale Sicherheit und Ökologie. Das Sozialwort benennt konkrete Aufgaben für Kirchen und Politik/Gesellschaft.
Das Sozialwort ist in einem vierjährigen Prozess (2000 - 2003) entstanden.
Das "Sozialwort" zum Download finden Sie HIER
Mit der Broschüre "Solidarische Gemeinde" aus dem Jahr 2013 will der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) den Pfarrgemeinden in Österreich Hintergrundinfos zu sozialen Fragen und konkrete Handlungsanregungen liefern, wie die Gemeinden ihr soziales Profil schärfen können. Die Broschüre steht unter dem Leitwort "Solidarische Gemeinde" und ist das Ergebnis des Prozesses "sozialwort 10+".
Die Broschüre "Solidarische Gemeinde" zum Download finden Sie HIER
Die Dokumente der 11. ÖRK-Vollversammlung
Die 11. Vollversammlung des Weltkirchenrates verabschiedete vier öffentliche Erklärungen, vier Protokollpunkte, eine Botschaft und eine Erklärung, in denen sie Wege zur Bewältigung einiger der größten Herausforderungen der Welt vorschlug.