Wien: Kirchen betonen bleibende Aktualität des Konzils von Nicäa
Das christliche Glaubensbekenntnis von Nicäa, das vor genau 1.700 auf dem Ersten Ökumenischen Konzil von Nicäa (325) formuliert wurde und allen Kirchen gemeinsam ist, stand im Mittelpunkt eines ökumenischen Gottesdienstes in Wien-Liesing. Alle Kirchen bekennen gemeinsam ihren Glauben und feiern gemeinsam ein Fest des Glaubens, so der Tenor. Das 1.700 Jahre alte Bekenntnis müsse dabei stets neu in die Gegenwart hinein übersetzt werden. Eingeladen hatten gemeinsam die evangelischen Pfarrgemeinde in Liesing und der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Der Gottesdienst wurde auf ORF III übertragen.
Der Ökumenische Gottesdienst zum Nachsehen
Mit der Gemeinde in der evangelischen Johanneskirche feierten Bischof Tiran Petrosyan (Armenisch-apostolische Kirche), Oberkirchenrätin Ingrid Bachler (Evangelische Kirche A.B.), Landessuperintendent Thomas Hennefeld (Evangelische Kirche H.B.), Bischöfin Maria Kubin (Altkatholische Kirche), Pastorin Esther Handschin (Methodistische Kirche) der Wiener Apostolische Administrator Josef Grünwidl (Katholische Kirche), Hirte Walter Hessler (Neuapostolische Kirche) und Gemeindepfarrer Lubomir Batka. Die musikalische Gestaltung lag beim Chor und der Band am Institut für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik der Universität für Musik und darstellenden Kunst Wien unter der Leitung von Michal Kucharko und Fabio Lahass.
In Nicäa (heute Iznik in der Türkei) wurde 325 das zentrale christliche Glaubensbekenntnis formuliert. Als Kaiser Konstantin das Konzil einberief, wollte er damit unter anderem den Streit zwischen Bischof Alexander von Alexandrien und dem Presbyter Arius schlichten. Der theologische Streit um das Verhältnis von Vater und Sohn wurde mit Vehemenz geführt. Im Kern ging es um die Frage: "Wer ist Jesus Christus?" Mit dem Bekenntnis zur Wesenseinheit Christi und des Vaters bezog das Konzil Stellung gegen Arius.
Es sei Aufgabe aller christlichen Kirchen, die theologische Formel von Nicäa "neu zu erzählen, aufzuschlüsseln und ins Leben der vielen Menschen hinein zu übersetzen, die mit dem Gott der Bibel noch nichts oder nichts mehr anzufangen wissen", so der Wiener Administrator Josef Grünwidl in seinem Impuls.
Bischof Tiran Petrosyan, der Vorsitzende des ÖRKÖ, betonte, dass der Glaube kein theoretisches Wissen, sondern gelebte Hoffnung sei: "Jesus hat gelitten - für uns, mit uns, in dieser Welt. Seine Auferstehung ist mehr als ein Wunder der Vergangenheit. Sie ist der Beginn von etwas Neuem, das heute schon unsere Herzen verändern kann."
Pastorin Esther Handschin wies auf die jüdischen Wurzeln des Christentums hin. Jesus sei in der Tradition des jüdischen Glaubens aufgewachsen. "Für Jesus war Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde. In seinen Geschichten und Gleichnissen hat Jesus von Gott als einem liebenden Vater erzählt, der sich besonders um die Menschen kümmert, die schwach oder benachteiligt sind. Mit Bildern vom Säen, Wachsen und Ernten hat Jesus den Menschen deutlich gemacht, wie der Glaube sich auf vielfältige Weise entfalten kann."
Jesus sei nicht nur eine göttliche Idee, "sondern er hat Fleisch angenommen - so wie ich Fleisch und Blut bin", betonte Oberkirchenrätin Ingrid Bachler. Wenn sie darüber nachdenke, dass Gott diesen Weg zu den Menschen gewählt hat, "dann wächst meine Hoffnung und meine Freude: Gott ist gekommen, um uns nahe zu sein. Er ruft uns, ihm zu vertrauen, seine Liebe anzunehmen und sie weiterzugeben."
Im Geist Jesus leben bedeute u.a., wie Jesus Verantwortung für die Welt zu tragen und sich für das gute Leben aller einzusetzen, sagte Bischöfin Maria Kubin: "Als Volk Gottes sind wir gemeinsam berufen, Propheten und Prophetinnen zu sein und die frohe Botschaft zu verkünden, dass Gott unser Freund, unsere Freundin ist. Der Geist Gottes ist dabei mit uns und erfüllt uns. Er gibt uns die Kraft, die bunte Vielfalt des Lebens in ihrer ganzen Schönheit zum Blühen zu bringen."
Dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) gehören 17 Kirchen an: die Altkatholische Kirche, Anglikanische Kirche, Armenisch-apostolische Kirche, Bulgarisch-Orthodoxe Kirche, Evangelische Kirche A.B., Evangelische Kirche H.B., Evangelisch-methodistische Kirche, Griechisch-Orthodoxe Kirche, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Römisch-Katholische Kirche, Rumänisch-Orthodoxe Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Serbisch-Orthodoxe Kirche und Syrisch-Orthodoxe Kirche. Die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche, der Bund der Baptistengemeinden und die Neuapostolische Kirche sind "Mitglieder mit beratender Stimme". Weitere Institutionen bzw. Organisationen besitzen Beobachterstatus.