Ökumene: Theologe sieht Fortschritt im orthodox-evangelischen Dialog
Der Grazer orthodoxe Theologe Prof. Griogorios Larentzakis hat in einer aktuellen Stellungnahme gegenüber Kathpress die letzten Ergebnisse der Internationalen Dialogkommission des Lutherischen Weltbundes und der orthodoxen Kirchen gewürdigt. Bei der letzten Vollversammlung im Mai 2024 wurde in einer (zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichten) gemeinsamen Erklärung festgehalten, dass in der Lutherischen Kirche künftig das gemeinsame Glaubensbekenntnis aus dem Zweiten Ökumenischen Konzil in Konstantinopel (381 n. Chr.) in der Originalfassung des Konzils und damit ohne den Zusatz "Filioque" verwendet werden soll. Für Larentzakis ist dies ein "großer ökumenischer Schritt" auf dem Weg zur vollen kirchlichen Gemeinschaft, wie er am Mittwoch gegenüber Kathpress betonte.
"Es ist immer erfreulich, wenn die christlichen Kirchen, unterwegs zur Verwirklichung der vollen kirchlichen Gemeinschaft, vorhandene Probleme und Stolpersteine beseitigen können", so Larentzakis wörtlich. Er hoffe sehr, dass diese gemeinsame Entscheidung von den Lutherischen Kirchen auf Weltebene rezipiert und in ihr kirchliches Leben integriert wird.
Konkret geht es um einen Abschnitt des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel. Dort heißt es in der seit dem achten Jahrhundert in lateinischen Kirchen gebeteten Form: "Wir glauben (...) an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn (lateinisch: "filioque") hervorgeht." In dem bis heute in allen Ostkirchen verwandten griechischen Original des Bekenntnisses fehlt indes die Formulierung "und dem Sohn", die von der Westkirche einseitig eingefügt wurde.
Prof. Larentzakis verwies auf zahlreiche ökumenische Kommissionen, Arbeitskreise und Tagungen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten bereits der Frage des "Filioque" angenommen hätten. Und er hoffe, dass diese aktuelle ökumenische Erklärung Vorbildcharakter auch für andere Kirchen habe und in der Liturgie umgesetzt werde. - Und zwar nicht nur bei ökumenischen Veranstaltungen und ökumenischen Gebeten, wenn orthodoxe Christen mitwirken. Denn es handle sich nicht um eine Gefälligkeit der Orthodoxen Kirche gegenüber, "sondern um die Basis unseres Glaubens und unserer christlichen Existenz, wenn wir alle im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes auch getauft werden".
Es sei ihm deshalb wichtig zu betonen, so der orthodoxe Theologe, dass in der Erklärung die Feststellung gemacht wurde, dass mit der Wiederherstellung des ursprünglichen Textes des Glaubensbekenntnisses eine Vertiefung des Glaubens an den Dreieinigen Gott einhergehen müsse. In diesem Sinne plädierte Larentzakis für eine intensivere ökumenische theologische Besinnung auf den Inhalt des gemeinsamen christlichen Glaubens.
Die Anfänge des "Filioque" finden sich im heutigen Spanien im 6. bis 8. Jahrhundert, wo man gegen abweichende Lehren die wahre Gottheit von Jesus Christus betonen wollte und in das Glaubensbekenntnis einfügte, dass der Geist vom Vater und vom Sohn ausgeht. Auf der Regionalsynode von Toledo 589 wurde das "Filioque" erstmals offiziell in das Glaubensbekenntnis aufgenommen. Von der Iberischen Halbinsel aus fand es Einzug in die fränkische Liturgie und verbreitete sich weiter. Schon bald kam es aber zu erbitterten Konflikten über den Zusatz zwischen fränkischen und griechischen Mönchen, die das "Filioque" vehement ablehnten. Karl der Große berief 809 das Konzil von Aachen ein, auf dem die Kontroverse behandelt wurde. Karl wollte, dass das "Filioque" auch in Rom ins Glaubensbekenntnis aufgenommen wird. Papst Leo III. lehnte das jedoch ab. Erst durch Papst Benedikt VIII. wurde das "Filioque" 1014 tatsächlich auch in der römischen Liturgie ins Glaubensbekenntnis eingefügt.
Quelle: kathpress