Wien: Kirchen feierten große gemeinsame Ostervesper
Unter dem Leitwort "gemeinsam glauben - gemeinsam feiern" haben die Kirchen in Österreich am Samstag eine gemeinsame ökumenische Ostervesper im Wiener Stephansdom begangen. Anlass war das eher seltene Zusammentreffen des Ostertermins in der Ost- und Westkirche. Alle Kirchen feiern heuer gemeinsam Ostern. Der Apostolische Administrator der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, rief in seiner Predigt dazu auf, den gemeinsamen Ostertermin als Zeichen der Hoffnung auf eine größere Einheit der Kirchen zu sehen. Grünwidl erinnerte dabei auch an den verstorbenen Papst Franziskus und griff eine Formulierung von Franziskus auf, der eine "ökumenische Dreifaltigkeitsformel" prägte: "miteinander gehen, miteinander beten, miteinander arbeiten."
Die Feier begann mit ökumenischen Begegnungen bei vier Kirchen im Wiener Stadtzentrum - der griechisch-orthodoxen Dreifaltigkeitskathedrale, der reformierten Stadtkirche, der altkatholischen Pfarrkirche St. Salvator und der griechisch-katholischen Kirche St. Barbara - und führte in einem Sternmarsch zum Stephansdom.
Die Feier bestand aus liturgischen Elementen der östlichen und westlichen Kirchentraditionen wie Psalmen, Osterhymnen oder auch einem orthodoxen Abendhymnus. Das Vater Unser wurde u.a. auch auf Aramäisch, der Sprache Jesu, gebetet.
Dem Gottesdienst standen neben Administrator Gründwidl u.a. der Vorsitzende des Ökumensichen Rates der Kirchen in Österreich, Bischof Tiran Petrosyan, und Domdekan Rudiolf Prokschi vor, weiters die altkatholische Bischöfin Maria Kubin, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin, Ostkirchen-Generalvikar Yuriy Kolasa und die evangelische Oberkirchenrätin Ingrid Bachler der Vesper vor.
Weiters nahmen auch der griechisch-orthodoxe Archimandrit Athanasius Buk, der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld, die methodistische Pastorin Esther Handschin, der bulgarisch-orthodoxe Bischofsvikar Ivan Petkin, Diakon Nikola Markovich von der Russisch-orthodoxen Kirche, Veljko Savic von der Serbisch-orthodoxe Kirche, Diakon Lisanu Tilahun von der Athiopisch-orthodoxen Kirche, der anglikanische Kanonikus Patrick Curran, Hirte Walter Hessler von der Neuapostolischen Kirche, Heidi Oppliger von der Heilsarmee und Franz Gollatz vom Bund der Baptistengemeinden an der Vesper teil.
"Wir sind noch nicht am Ziel"
Das gemeinsame Osterfest im Jubiläumsjahr - 1700 Jahre nach dem ersten Ökumenischen Konzil von Nicäa - bezeichnete Administrator Grünwidl in seiner Predigt als "wichtigen Schritt auf unserem gemeinsamen Weg". Gleichzeitig hielt er fest: "Wir sind noch nicht am Ziel. Aber wir schauen nicht zurück, sondern wir strecken uns aus nach dem, was vor uns liegt, und gehen miteinander auf das Ziel zu."
Grünwidl ging auch auf die Bedeutung des Betens und Arbeitens im ökumenischen Geist ein. Denn: "Die Einheit der Kirche ist nicht in erster Linie ein organisatorisches, strukturelles Problem, sondern zuerst eine Frage des Glaubens und des Gebets", so der Apostolische Administrator. Einheit könne nicht gemacht werden, sondern sei "Frucht des Gebets und ein Geschenk des Heiligen Geistes".
Grünwidl nahm auch auf die gegenwärtigen Herausforderungen für die christlichen Kirchen Bezug: So bezeichne sich die Mehrheit der Bevölkerung zwar weiterhin als religiös oder spirituell, doch "wird immer deutlicher, dass die Grundbotschaft des christlichen Glaubens - Gott hat sich in Jesus Christus geoffenbart - für viele Menschen keine oder kaum mehr Bedeutung hat". Daraus leite sich ein klarer Arbeitsauftrag für alle Kirchen ab: "Die Gottesfrage thematisieren und in der Buntheit des religiösen Angebots den Gott der Bibel neu und lebensrelevant verkünden."
Abschließend nannte Grünwidl das Glaubensbekenntnis von Nicäa als bleibenden "Arbeitsauftrag" für alle christlichen Kirchen: "Es geht darum, das Credo und das Evangelium in das Leben der Menschen hinein zu übersetzen." In einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft sei es entscheidend, den Gott der Bibel "neu und lebensrelevant" zu verkünden.
Eingeladen zu dem Gottesdienst hatten der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), die Diözesankommission für ökumenische Fragen der Erzdiözese Wien und die Stiftung Pro Oriente.
Quelle: kathpress