Experte zum Türkei-Besuch von Leo: "Bedeutender Schritt in Ökumene"
Der Salzburger Theologe und Ökumene-Experte Dietmar Winkler betont die Bedeutung des beim Istanbul-Besuch von Papst Leo XIV. vom katholischen Kirchenoberhaupt gemeinsam mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios unterzeichneten Aufrufs zur Einheit der Christen. "Das ist ein deutliches und symbolisch starkes Zeichen für den Willen zur Einheit, für die Fortsetzung des ökumenischen Dialogs", sagte Winkler in der Ö1-Sendung "Religion aktuell" (Montagabend). Der Experte, der seit vielen Jahren auch Berater in der Ökumene-Behörde des Vatikans ist, sprach von einem "bedeutenden Schritt insgesamt in der aktuellen Ökumene". Er markiere Hoffnung auf eine weitere Annäherung der christlichen Konfessionen, insbesondere von Katholiken und Orthodoxen.
Die beiden höchsten Kirchenführer der katholischen und der orthodoxen Welt hatten die gemeinsame Erklärung zur Einheit der Christen am vergangenen Samstag am Sitz des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel im Istanbuler Stadtteil Phanar unterzeichnet. In dem Text rufen sie alle Christen dazu auf, sich für die Überwindung der Kirchenspaltungen einzusetzen. "Wir setzen unseren Weg des Dialogs in Liebe und Wahrheit mit fester Entschlossenheit fort, um die erhoffte Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft zwischen unseren Schwesterkirchen zu erreichen", hält der Text fest. Ferner verpflichten sich die Kirchenführer, nach einem gemeinsamen Ostertermin für alle Kirchen zu suchen.
Mit Blick auf fortbestehende Spaltungen und Spannungen zwischen einzelnen Kirchen heißt es in der Erklärung: "Wir ermahnen diejenigen, die noch zögern, sich auf irgendeine Form des Dialogs einzulassen, auf das zu hören, was der Geist den Kirchen sagt, der uns unter den gegenwärtigen Umständen der Geschichte dazu drängt, der Welt ein erneuertes Zeugnis des Friedens, der Versöhnung und der Einheit zu geben."
Moskau nicht dabei
Papst Leo und Patriarch Bartholomaios nahmen zusammen mit rund 20 weiteren führenden Vertretern von Kirchen und ökumenischen Organisationen auch an einer Gedenkfeier zum 1.700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa (Nizäa) in Iznik teil. Bei einem weiteren Treffen der versammelten Kirchenvertreter in der syrisch-orthodoxen Mor-Ephrem-Kirche in Istanbul regte der Papst ein Zusammenkommen aller christlichen Gemeinschaften anlässlich des 2000. Todesjahres Jesu im Jahr 2033 in Jerusalem an.
Große Abwesende bei allen Treffen der verschiedenen christlichen Kirchen während des Papstbesuchs in der Türkei war die Russisch-orthodoxe Kirche. Der Dialog mit der Gesamtorthodoxie werde durch innerorthodoxe Spannungen, vor allem aufgrund der Russisch-orthodoxen Kirche und des Ukrainekriegs, beeinträchtigt, erklärte der Ökumene-Experte im ORF-Gespräch. "Doch es wird die Zeit kommen, in der es auch in Russland religiös wie politisch neue Akteure geben wird. Und dann wird man auf das zurückgreifen und aufbauen können, was inzwischen mit anderen Partnern erreicht worden ist", plädierte der Ökumene-Experte zum Blick in die fernere Zukunft.
Auch Erzabt von Pannonhalma in Istanbul
Als "starkes Zeichen" würdigte auch der Erzabt von Pannonhalma, Cirill Hortobagyi, die Ereignisse von Istanbul und Iznik. In einer Welt wachsender Polarisierung zeigten Papst Leo und Patriarch Bartholomaios, dass die Kirchen bereit sind, Zeugnis für Frieden, Versöhnung und die Einheit der Christen abzulegen, sagte Hortobagyi dem ungarischen Online-Portal "Magyar Kurír". Auf Einladung von Bartholomaios hatte der Benediktiner-Erzabt an mehreren Terminen des Papstbesuchs teilgenommen. Die von Hortobagyi geleitete Abtei von Pannonhalma ist ein bedeutender Ort für den ökumenischen Dialog der Kirchen.
Die gemeinsamen Gebete von Papst und Patriarch und die sichtbaren Signale von gegenseitiger Wertschätzung und Bereitschaft zur Zusammenarbeit ließen alle Gläubigen spüren, dass Vertrauen und Dialog möglich und nötig seien, so der Erzabt. Aktuellen Herausforderungen der Welt wie die ökologische Krise, der Umgang mit neuen Technologien insbesondere im Bereich der Kommunikation und die Spannungen des Krieges könnten Christen nur gemeinsam begegnen.
Die gemeinsame Grundlage des christlichen Glaubens böten "genügend Kraft, um Frieden zu stiften und eine Kultur der Geschwisterlichkeit zu leben". Auch in einer polarisierten Gesellschaft wie der ungarischen sei es wichtig, miteinander respektvoll umzugehen, die gute Absicht des anderen nicht vorschnell infrage zu stellen und Felder der Zusammenarbeit zu suchen, so Hortobagyi.
(Gemeinsame Erklärung von Papst Leo XIV. und Patriarch Bartholomaios gegen Spaltung und für die Einheit im Wortlaut: https://www.kathpress.at/goto/meldung/2534009/)
Quelle: kathpress
